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Neues aus dem Ort - Gemeinde Ockenheim

Ansprache zum Volkstrauertag

Ansprache zum Volkstrauertag

vor 2 Wochen
Am Denkmal in Ockenheim standen wir zusammen – bewegt und nachdenklich:
Neben der Ansprache der Ortsbürgermeisterin beeindruckten Beiträge der Jungen Generation und einer Frau, die vor drei Jahren mit ihrer Familie Schutz in Ockenheim fand. Ihr Blick auf das Schicksal ihrer Heimat nach Jahren des Krieges ging allen zu Herzen. 💔
Für die feierliche Atmosphäre sorgten die Katholische Kirchenmusik 🎶 und eine Ehrenmahnwache der Freiwilligen Feuerwehr gemeinsam mit zwei Bundeswehrsoldaten.
Zum Ausklang bot die KJG Glühwein & Punsch an – Zeit zum Beisammensein, für Gespräche und Gemeinschaft.

Vielen Dank an alle, die gespendet haben! Für Versöhnung und Verständigung haben wir in der aufgestellten Spendenbox des Volksbundes 282,50 € zählen können.

Die Spendenaktion läuft noch bis 25.11.. Deine Spende kannst du abgeben im Gemeindehaus, Bahnhofstraße 12:
🕗 Mo–Fr: 8:00–11:30 Uhr | Do: 17:00–18:30 Uhr
📬 Oder einfach in den Briefkasten werfen.

Ansprache zum Volkstrauertag 2025

Liebe Ockenheimerinnen und Ockenheimer,
liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger,

ich begrüße Sie zum heutigen Gedenken am Volkstrauertag. Dies auch im Namen der Gemeinderäte, die dieses Gedenken gestaltet und vorbereitet haben:
Armin Ochs, Siglinde Reckert-Schmitt, Tanja Zagar und Rosi Klingler. Euch vielen Dank!
Vielen Dank auch allen Mitwirkenden, außerdem Frau Elke Kaiser und Marlies Wendel für die liebevolle Bepflanzung und Pflege des Denkmals und den KameradInnen der FFO für die verkehrstechnische Absicherung dieser Veranstaltung.

Sie haben sicherlich schon die sichtbaren Neuerungen wahrgenommen:
Neben der Niederlegung des Kranzes der Gemeinde zum Gedenken an alle Opfer von Krieg und Gewalt hat heute auch die Jugendfeuerwehr einen Kranz niedergelegt. Mit ihm gedenken wir besonders der Kinder und Jugendlichen unter den Opfern.
Eine weitere Neuerung ist, dass die traditionelle Ehrenmahnwache der Freiwilligen Feuerwehr gemeinsam mit zwei Soldaten bzw. Reservisten der Bundeswehr gehalten wird.
Auch im weiteren Ablauf gibt es einige kleine Änderungen, sodass ich Ihnen an dieser Stelle einen kurzen Überblick geben möchte:
Neben meiner eigenen Ansprache zum Volkstrauertag als Ortsbürgermeisterin werden Finn Schäfer und Lilia Sobko sprechen: Finn Schäfer spricht für die junge Generation, Lilia als Mitbürgerin, die mit ihrer Familie in unserer Gemeinde Schutz vor dem Krieg in ihrer Heimat gefunden hat.
Traditionell wird es im Anschluss an die Ansprachen ein Segensgebet geben. Wie schon die Eucharistiefeier in der Kirche wird auch dieses Segensgebet Pfarrer Herrlich übernehmen, bevor die KKM das Gedenken musikalisch beschließt.
Im Anschluss bietet die KJG Ockenheim Glühwein an. Ich lade Sie schon jetzt ein, dann noch einen Moment miteinander ins Gespräch zu kommen oder beieinander zu stehen. Dort finden Sie auch eine Spendenbox für die diesjährige Spendensammlung des Volksbundes. Diese Gelder werden nicht allein für die Kriegsgräberfürsorge verwendet, sondern auch für Begegnung, Versöhnung und Gedenken.

Soweit zum Ablauf des heutigen Gedenkens zum Volkstrauertag
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Wir haben uns heute hier versammelt, um all der Opfer von Krieg und Gewalt zu gedenken.
Unser Gedenken gilt den Opfern der Vergangenheit ebenso wie jenen, die Kriege und Konflikte in unserer heutigen Welt fordern. Der Volkstrauertag ruft uns ins Bewusstsein, welches unermessliche Leid Krieg und Gewalt hervorbringen – damals wie heute.
Wenn wir heute der Opfer gedenken, dann tun wir das nicht, um sie zu glorifizieren. Wir tun es, um ihre Schicksale als Mahnung zu begreifen: Denn Frieden ist keine Selbstverständlichkeit!
Deshalb – so denke ich – ist es wichtig, alle Generationen anzusprechen und zu aktivieren: um der Opfer zu gedenken, aber auch, um Hass und Spaltung entgegenzutreten und ein Zeichen zu setzen – gegen Krieg, gegen Gewalt, gegen Unterdrückung, gegen Ungerechtigkeit und Missstände.

Auch heute, im November 2025 erleben wir eine Welt, in der Konflikte eskalieren und Menschen täglich ihr Leben verlieren:

In der Ukraine wütet weiterhin der Angriffskrieg Russlands. Allein in der Nacht auf Freitag wurden rund 400 Raketen und Drohnen abgefeuert – ein gezielter Angriff auf die Infrastruktur, auf ziviles Leben, auf den Alltag von Menschen.

Im Nahen Osten hält ein fragiler Waffenstillstand zwischen Israel und Gaza. Der Krieg, der auf den Terrorangriff der Hamas folgte, bei dem über tausend unschuldige Zivilisten ermordet wurden, hat auf beiden Seiten zahllose Wunden hinterlassen – menschliche, politische, gesellschaftliche. -Und einen komplett zerstörten Landstrich.

Im Sudan kämpfen rivalisierende Fraktionen des Militärs. Ein Bürgerkrieg, der kaum Schlagzeilen macht und doch Millionen Menschen betrifft.

Wenn ein Präsident einen großen Flugzeugträger samt Streitkräften vor die Küste Venezuelas verlegt und gezielt Boote angreift und zerstört, ohne dass ein Gericht oder eine unabhängige Instanz darüber entscheidet – ist das nicht genau die Art von Gewalt, die Konflikte anheizt und die Lage destabilisiert? Ist das nicht auch Krieg?

Diese Liste ließe sich fortführen. Unbestritten spüren wir die Auswirkungen dieser weltweiten Unsicherheiten und kriegerischen Auseinandersetzungen – wirtschaftlich, gesellschaftlich und sicherheitspolitisch.

Wir spüren diese Auswirkungen bis in unser eigenes individuelles Leben hinein: In dieser Woche hat unsere Bundesregierung beschlossen, die Musterung ganzer Jahrgänge für einen möglichen Wehrdienst wieder einzuführen. Ein Schritt, der mich als Mutter eines betroffenen Sohnes ebenso wie viele andere trifft – und der zeigt, wie ernst die Lage eingeschätzt wird.

All dies führt uns vor Augen:
Der Volkstrauertag ist nicht nur ein Tag des Erinnerns. Er ist ein Tag der uns immer wieder wachrüttelt. Und es liegt auch an uns, ob der Volkstrauertag MAHNUNG BLEIBT– und nicht erneut zur bitteren Notwendigkeit wird.
Natürlich kann jeder einzelne allein keinen der Kriege beenden und dennoch können wir zum friedlichen Miteinander beitragen, ich gebe ein Beispiel:

Das Vertrauen in Parteien und Institutionen ist erschüttert, vielleicht muss man auch sagen, ist verloren gegangen. Debatten werden häufig nicht offen geführt, Unsicherheit und Zweifel wachsen.
Sich einbringen, engagieren, sich für Werte und Ziele einsetzen, politisch aktiv werden – eine Minderheit. Und doch so wichtig für unsere Demokratie!

Darüber hinaus können und dürfen wir alle wählen. -Auch im kommenden Jahr: Am 22. März zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz sind wir aufgerufen, unsere Stimme abzugeben. Das bedeutet aber auch, genau hinzuschauen, WEM wir unsere Stimme geben, welchen Richtungsweg wir stärken.
Geben wir unsere Stimme Menschen, die zu einer Gruppe gehören, die einen Bürgerdialog – wie im Oktober in Gauersheim – unterbinden? Die Bürgerinnen und Bürger einschüchtern, Innerhalb dieser Gruppe auch ein gewählter Landtagsabgeordneter, der aufgrund seines Verhaltens einen polizeilichen Platzverweis erhält. Eine Gruppe, die eine Atmosphäre der Angst schafft, Andersdenkende mundtot machen will.
Bei aller Unzufriedenheit: Bedeutet Demokratie nicht vielmehr, andere Meinungen auszuhalten, im Streit der Argumente zu stehen – und gerade nicht im Streit der Drohungen? Bedeutet sie nicht auch, einander zuzuhören, gerade dann, wenn es schwerfällt?

Lasst uns genau hinschauen. Wie wird die aktuelle Situation dargestellt und bewertet, welche Werte, welche Absichten werden gezeigt. Sind die Lösungsansätze, die vorgeschlagenen Wege nur schnelle und einfache Lösungen und schönen Versprechen? Lasst uns die Ängste ernst nehmen, Einschüchterungen zurückweisen, zusammenstehen und gemeinsam gegen Unrecht und Missstände aufstehen.
Dazu gehört auch, dass wir als Gemeinschaft – generationenübergreifend – die Werte des Friedens, der Freiheit, der Demokratie und des Respekts verteidigen.
Lasst uns diesen Weg gemeinsam gehen, die Lehren der Vergangenheit sollen leiten, lasst uns für eine gute, eine friedliche Zukunft stark machen.
Gemeinsam mit den Beigeordneten und dem Gemeinderat ermutige ich uns alle:
Lasst uns Bedrohung, Hass und Spaltung entgegentreten und uns bewusst machen, wie zerbrechlich Demokratie und Frieden sind.
So kann der Volkstrauertag nicht nur ein Tag des Erinnerns sein, sondern vor allem ein Anstoß – ein Anstoß, wachsam und mutig zu bleiben.
Doch eine bessere Welt entsteht nicht durch große Worte. Sie beginnt bei uns – im Alltag, im Miteinander:
• Indem wir aufeinander achten und achtsam sind.
• Indem wir nicht den eigenen Vorteil über das Wohl anderer stellen.
• Indem wir den Mut haben, Menschen beizustehen, die verletzt oder ausgegrenzt werden,
• Indem wir für Werte, für respektvolles Miteinander einstehen.
Es sind Tugenden wie Fairness, Anstand und Menschlichkeit, die wir leben und voneinander einfordern müssen – auf allen Ebenen, auch und gerade von den gewählten Vertretern in Partei und Politik, und selbstverständlich auch von denen, die wir wählen:

Jede einzelne unsrer Stimmen ist eine Stimme für eine Zukunft, in der der Volkstrauertag Mahnung bleibt – jedoch nicht erneut zur bitteren Notwendigkeit wird.

Sabine Maidhof, 16. November 2025
von Sabine Maidhof